Was ist Zensur?
Zensur kommt von dem lateinischen Wort „censura“ und bedeutet Prüfung oder Beurteilung. Eine der Wortbedeutungen von Zensur ist die Benotung in der Schule, daher kennst du das Wort. Zensur heißt aber auch: Die Kontrolle von Medien, ob sie mit politischen, religiösen, gesetzlichen oder sittlichen Werten der Gesellschaft, in der man sich aufhält, übereinstimmen.
Kurzer Überblick - Zensur
- Wer zensiert? Überwiegend der Staat und religiöse Oberhäupter. Im Grunde kann aber jeder zensieren.
- Was wird zensiert? Jedes Medium kann zensiert werden. Meistens werden Medien zensiert, die den Ansichten des Zensors (der Person, die zensiert) widersprechen: Nachrichten, religiöse Vorstellungen, Meinungen, Kritik.
- Wie geschieht so etwas? Medien, die nicht zu Ansichten des Zensors passen, werden gekürzt, bis das Medium wieder in das Weltbild passt. Oder aber es werden Worte darin geändert. Wenn das auch nicht geht, wird der Zugang zum Medium verhindert.
Bücher, Zeitschriften, Zeitungen, oder Filme lassen sich vergleichsweise einfach zensieren, aber wie sieht es mit dem Internet aus? Ein „ungeschriebenes Gesetz“ des Netzes ist ja bekanntlich: Willst du das etwas verschwindet, taucht es tausendfach wieder auf. Wie gehen Zensoren mit dieser Herausforderung um? Wer zensiert heute überhaupt noch?
Wo wird zensiert?
Zensur? Das ist doch was aus dem Geschichtsbuch! Im Vormärz, natürlich – im dritten Reich, ganz klar – vermutlich auch noch in der DDR. Stolz können wir jetzt die Brust vorstrecken und verkünden, dass in Deutschland Presse und Meinungsfreiheit herrscht und nichts zensiert wird.
Nach dem Grundgesetz, Artikel 5, ist Zensur in Deutschland verboten. Juristisch bedeutet dies, dass kein Medium vor seiner Veröffentlichung einem staatlichen Kontrollorgan vorgelegt werden muss.
In vielen Ländern ist das aber nicht so – dort wird die Pressefreiheit unterdrückt, kritische Journalisten bedroht, inhaftiert, im schlimmsten Fall werden sie gefoltert oder sogar getötet. Der Verein „Reporter ohne Grenzen“ macht regelmäßig auf Verstöße gegen die Pressefreiheit und auf die Verfolgung von Journalisten aufmerksam. Vor ein paar Jahren kürte sie Staaten, die die Pressefreiheit auch im Internet einschränken, zu „Feinden des Internets“. Zu ihnen gehören derzeit u.a. die folgenden Staaten: China, Iran, Kasachstan, Kuba, Malaysia, Russland, Saudi-Arabien, Türkei, Turkmenistan, Usbekistan, die Vereinigten Arabischen Emirate sowie Vietnam. Das sind natürlich nicht alle Staaten, die die Rechte ihrer Bürger auf Presse- und Meinungsfreiheit unterdrücken, aber es soll euch ein Beispiel geben, wie viele verschiedene Möglichkeiten es für Staaten gibt, das Internet zu kontrollieren, zu unterdrücken und zu zensieren.
Gibt es in Deutschland auch Zensur im Netz?
Es gibt keine Zensur aus politischen oder religiösen Gründen, jedoch verbietet das deutsche Strafgesetzbuch die Verbreitung bestimmter Inhalte, zum Beispiel Kinderpornografie. Deshalb sperren die Internetanbieter in Deutschland anhand einer Liste der Polizei tagesaktuell Seiten, die solche Inhalte verbreiten.
China
In dem bevölkerungsreichsten Land der Welt regiert die kommunistische Partei seit vielen Jahren autoritär. Um die Politik, das Land und die Regierung gut darzustellen, werden die Medien streng zensiert. Täglich gibt es neue Anweisungen, über was berichtet werden darf und was lieber weggelassen werden soll. Aber wie lassen sich diese Regeln im Internet durchsetzen?
In China gibt es für die Bürger keinen Zugang zum „freien Netz“. Lange Zeit konnte das freie Netz, auch „Außennetz“ genannt, noch mit VPN-Zugängen erreicht werden, mittlerweile aber verschwinden diese auch aus den App-Stores oder stellen den Betrieb ein. Die „Great Firewall“ (auf Deutsch: große Firewall) hat in China kaum noch Lücken. Was dem Staat nicht gefällt, findet man nicht.
Für die chinesischen Bürger ist es auch sehr schwer, die Zensur im Netz auf andere Weise zu umgehen: Wenn sich zum Beispiel Jahrestage nähern, die die Regierung lieber aus dem Gedächtnis der Bevölkerung streichen würde, wie der 4. Juni (Jahrestag einer gewaltvollen Niederschlagung von friedlichen Protesten), ist die Verwendung des Datums oder kreative Umschreibungen des Datums („35. Mai“) nicht möglich.
Die Zensur in China ist schnell – innerhalb von Stunden können Beiträge verschwinden. Als im Internet der Witz umherging, dass der Präsident Chinas Ähnlichkeiten mit Winnie Pooh habe, wurde kurzerhand Winnie Pooh verboten. Es gibt aber immer noch Screenshots dieser Darstellung.
Social Media: Zugang gesperrt – eine erste Generation wird in China groß, die Facebook, YouTube und Instagram nur von Erzählungen kennt (natürlich gibt es aber stattdessen streng überwachte alternative chinesische soziale Medien).
Iran
Im Iran regieren religiöse Oberhäupter, die dem Staat strenge religiöse und ideologische Regeln vorgeben. Menschenrechte werden missachtet, Presse- sowie Meinungsfreiheit existieren nicht.
Der Staat blockiert das Internet umfassend. Einen Zugang zum Netz erhält man nur über staatliche Anbieter, aber viele Seiten werden blockiert, weil sie islamischen Werten widersprechen oder das Regime kritisieren könnten. Das iranische Internet wird deswegen auch „Halal-Internet“ genannt. Halal ist arabisch und heißt „erlaubt“ oder „zulässig“. Damit ist gemeint, dass im Netz nur Dinge und Tätigkeiten gezeigt werden, die dem islamischen Recht entsprechen.
Allgemein ist die Geschwindigkeit des Internets im Iran sehr langsam – und technisch nicht auf dem neusten Stand. In bestimmten Zeiten, zum Beispiel im Wahlkampf, wird die Geschwindigkeit des Netzes vom Staat noch stärker gedrosselt.
2019 herrschten im Iran Unruhen, da der Staat eine Erhöhung der Benzinpreise ankündigte. Mit Beginn der Unruhen wurde das komplette Internet im ganzen Land abgeschaltet. Eine Woche lang war der Iran elektronisch von der Außenwelt abgeschnitten.
Social Media: Während hohe Politiker noch twittern, sind Twitter, Facebook und Telegram für die Bevölkerung gesperrt.
Kasachstan
Das Land liegt in Zentralasien, wird autoritär vom Präsidenten regiert und die Opposition im Lande hart unterdrückt.
2019 wurden im Zuge der Präsidentschaftswahlen sowohl Social Media als auch Nachrichtenseiten blockiert. Aber nur vor/während der Wahl, mittlerweile sind sie wieder frei zugänglich.
Wenn sich die Opposition oder Bürger kritisch über die Regierung äußern, wird für das gesamte Land die Geschwindigkeit des Internets gedrosselt.
Kuba
Dieser Inselstaat in der Karibik wird kommunistisch regiert.
Wie sorgt der Staat für die Linientreue seiner Bürger im Netz?
Zunächst einmal: Nicht jeder Kubaner hat Zugang zum Internet! Zwar gibt es seit 2015 öffentliche Hotspots, seit Ende 2018 den Standard 3G und seit 2019 hat die Regierung zugelassen, dass kubanische Privathaushalte sich Router kaufen. Dennoch bleibt das Internet für viele Kubaner unbezahlbar: Eine Stunde Internet kostet rund 1 Dollar – viele Kubaner verdienen im Monat aber nur 50 Dollar. Zugriff zum Internet gibt es nur über einen staatlichen Anbieter. Dieser kann über das Einloggen genau sehen, wer auf welchen Seiten surft. So mag Kuba zwar keine scharfe Zensur verfolgen, überwacht seine Bürger dennoch streng.
Die Inhalte im Netz werden zudem auf mehreren Webseiten zensiert, gerade bei Nachrichten oder Äußerungen, die sich kritisch gegen die Regierung richten. Es gibt jedoch freien Zugang zu den Sozialen Medien.
Malaysia
Der Inselstaat im Pazifik ist eine parlamentarische Monarchie. In Malaysia werden Medien streng zensiert. Jedes Jahr müssen sich Medienhäuser erneut ein Zertifikat von dem Innenministerium ausstellen lassen, ansonsten ist es ihnen nicht erlaubt, Publikationen zu veröffentlichen.
Um ausländische Investoren und Firmen ins Land zu locken, hat Malaysia die Freiheit des Internets in mehreren Gesetzen verankert. Aber gegen alle Medien, die von der Regierung nicht erwünscht sind, wird streng vorgegangen. Hausdurchsuchungen oder Festnahmen von Mitarbeitern oder das Lahmlegen von kritischen Online-Zeitungen durch Cyberattacken, gerade auch während Wahlzeiten, sind an der Tagesordnung. Der Zugang zu sozialen Netzwerken ist aber nicht gesperrt.
Russland
Russland ist flächenmäßig das größte Land der Erde. Laut der russischen Verfassung ist das Land eine Demokratie mit Presse- und Meinungsfreiheit. Dennoch werden viele russische Medien staatlich kontrolliert.
2012 wurde ein umfassendes russisches Internetgesetz beschlossen. Was steht drin? Zum Schutz der Kinder soll eine nationale Liste (ein so genannter Index) geführt werden, die alle Websites aufzählt, die verboten sind. Jeder Internetanbieter (davon hat Russland ziemlich viele) muss dann dafür sorgen, dass ihre Nutzer keinen Zugang mehr zu diesen Seiten erhalten. Kinder sollten so vor Pornographie, Gewalt und ähnlichem geschützt werden. Dabei wurden auch zahlreiche Webseiten der Opposition gesperrt.
Ein weiteres Gesetz besagt, dass russische Nutzerdaten nicht mehr auf Servern im Ausland gespeichert werden dürfen, aber der russische Staat hat das Recht, alle Verbindungsdaten seiner Bürger für drei Jahre zu speichern. Vielfach jedoch haben die Internetanbieter gar nicht die notwendigen Speicherkapazitäten, um das Gesetz auch umzusetzen.
2019 wurde zudem ein weiteres Gesetz beschlossen: Um den Staat unabhängig von Cyberterrorismus zu machen, soll das Internet in Russland nur noch über heimische Server laufen. Kritiker befürchten eine Abschottung des russischen Internets vom World Wide Web und eine erhöhte Zensur von Webseiten. Und es besteht die Sorge, dass das Internet vom Staat bei politischen Demonstrationen abgeschaltet werden könnte. Um aber tatsächlich in Zukunft alle Internetaktivitäten nur noch über russische Server abzuwickeln, muss indes erstmal die notwendige Infrastruktur aufgebaut werden.
Social Media: Der Onlinedienst Telegram wurde verboten, weil er sich weigerte, die Daten seiner Nutzer an russische Behörden weiterzuleiten. Zu anderen Social Media-Angeboten gibt es aber für die Bürger freien Zugang.
Saudi-Arabien
In Saudi-Arabien, einer Monarchie im Nahen Osten, gibt es keine Trennung von Staat und Religion.
Der Staat sieht es als seine Aufgabe an, die Bürger vor anstößigen Inhalten, oder Inhalten, die gegen die Ansichten des Islams verstoßen, zu schützen. Die dortigen Behörden geben an, etwa 400.000 Websites zu blockieren.
Vor allem wird anzügliches oder freizügiges Material („adult content“) gesperrt, aber auch politische Inhalte. So können sich die Menschen im Internet zum Beispiel nicht über Frauenrechte oder Homosexualität informieren. Zudem sind auch Webseiten gesperrt, die unerwünschte Nachrichten verbreiten. Der Zugang zu den sozialen Medien ist grundsätzlich frei, aber bestimmte Inhalte werden vom Staat zensiert.
Türkei
Der türkische Staat liegt am Rande Europas und hatte eine strikte Trennung zwischen Staat und Religion.
2016 kam es zu einem gescheiterten Putschversuch, bei dem Teile des Militärs versuchten, die Regierung zu stürzen. Zwei Jahre lang herrschte der Ausnahmezustand und die Presse- und Meinungsfreiheit wurden stark eingeschränkt. Kritische Journalisten verloren ihre Jobs und wurden teilweise wegen angeblicher Terrorpropaganda inhaftiert. Auch ausländischen und deutschen Journalisten ist dies passiert.
Immer noch schränkt die türkische Regierung die Rechte ihrer Bürger ein. Wie macht sie das im Netz?
Der Zugang zu Wissen wird erschwert: Seit April 2017 ist in der Türkei der Zugriff auf die Wikipedia in allen Sprachen gesperrt.
Im Jahr 2019 wurde ein Gesetz erlassen, das digitale Medien noch stärker überwacht. Streamingdienste und ähnliche Anbieter müssen nun von der Regierung eine Lizenz für etwa 16.000 € erwerben, um im Internet senden zu können. Senden sie unangemessene Beiträge (zum Beispiel Drogengenuss oder Szenen, die Homosexualität enthalten), können sie – wenn diese nicht verpixelt werden – Strafen erhalten oder sogar ganz vom Netz genommen werden.
Social Media: Zugang erlaubt, aber es wird überwacht. Im September 2019 wurde ein Urlauber festgenommen, weil er sich auf Facebook kritisch äußerte.
Turkmenistan
Das unbekannte Land in Zentralasien ist eins der autoritärsten Länder der Welt. Das Internet ist dort streng reguliert.
Insbesondere Kritik gegen die Regierung wird verhindert. So sind auch Nachrichtenportale und alle sozialen Medien gesperrt. 2019 hat Turkmenistan angefangen, auch VPN-Zugänge zu blockieren, die den Bürgern des Landes noch Zugang auf ausländische Webseiten erlaubten.
Usbekistan
Auch Usbekistan liegt in Zentralasien. Es gehörte mal zur UDSSR und ist seit dessen Zerfall ein eigener Staat. In der Theorie ist das Land eine demokratische Republik, wird aber autoritär regiert.
Nicht nur die Nachrichtenportale und die Onlineauftritte internationaler Organisationen sind gesperrt, sondern seit 2018 auch Facebook und YouTube, die nur noch über VPN-Zugänge zu erreichen sind.
Vereinigte Arabische Emirate
In dem benachbarten Staat von Saudi-Arabien gelten ähnliche Regeln wie nebenan. Auch hier stehen sich Religion und Staat sehr nahe.
Im Internet werden durch Proxys die Zugriffe auf bestimmte Webseiten gesperrt. Die staatliche Zensur soll insbesondere den Zugang zu Medien verhindern, die dem Islam widersprechen oder kritisieren. Es ist nicht ganz klar, was alles gesperrt ist, aber auf jeden Fall zählen dazu:
- Pornografische Seiten
- Seiten für Glücksspiel
- alle israelischen Websites mit der Domainendung „.il“
- Informationen über Drogen (auch Alkohol)
- Datingplattformen
- Informationen über Homosexualität
- ausgewählte Nachrichtenwebseiten
Vietnam
Der Küstenstaat unterhalb von China wird ähnlich wie dort von der kommunistischen Partei regiert. Während offline alle Medien schon den Anweisungen der Kommunistischen Partei Folge leisten, gibt es im Internet noch Vietnamesen, die frei ihre Meinung äußern und objektiv über ihr Land und die Lage berichten. Bei kritischer Berichterstattung drohen den Journalisten jedoch Geld- oder Haftstrafen.
2019 wurde ein neues Gesetz erlassen, das die Löschung von Online-Beiträgen von den Websitebetreibern verlangt, die der Regierung missfallen. Dazu dürfen die Daten aller Bürger (wie in Russland) nur noch auf Servern im Vietnam gespeichert werden. Google, Facebook und Co., zu denen der Zugang noch erlaubt ist, sollen außerdem ein eigenes Büro in Vietnam eröffnen.